Nah- und Fernbesitz von Weinbergen altbayerischer Klöster im Mittelalter

von Andreas Otto Weber (in Auszügen)

http://www.regionalgeschichte.net/bibliothek/texte/aufsaetze/weber-weinberge.html

Nahbesitz von Weinbergen in Altbayern

…Wie wir bereits gesehen haben, war das bedeutendste Weinbaugebiet Altbayerns der Donauraum um Regensburg. Weinberge lassen sich hier schon 15 Kilometer von Ingolstadt Donau abwärts feststellen, erste Konzentrationen finden wir in der Nähe des Donaudurchbruchs bei Weltenburg und besonders bei Kelheim und Kelheimwinzer. Die Verdichtung nimmt dann in Richtung Regensburg zu. Von Abbach bis Regensburg können wir im späten Mittelalter an den südwärts geneigten Flussuferhängen durchgehend Weingärten nachweisen. Hier treffen wir auf erste Winzerdörfer wie Oberndorf, Matting und Sinzing. Die Hänge im Norden der Stadt Regensburg bei Ober- und Niederwinzer sind zusammen mit den Weinbergen von Kruckenberg, das etwas weiter östlich liegt, die ältesten in Altbayern schriftlich nachgewiesenen Weingärten. Um 700 gab Herzog Theodo dem Kloster Sankt Peter in Salzburg hier bereits iugeres vinearum duas prope civitate Reganesburch dicta.

Herzog Tassilo (wohl III.) gab demselben Kloster in loco qui dicitur Chruchunperk, qui adiacet secus amne Danubio, in quo nunc sunt plantagines vinearum institute. Die Formulierung spricht hier für neu angelegte Weinberge des 8. Jahrhunderts.

Der wohl eindrucksvollste Beleg für den frühmittelalterlichen Weinbau in Bayern – und besonders für die Umgebung Regensburgs – findet sich in der um 765 entstandenen Emmeramsvita des Bischof Arbeo von Freising. Arbeo berichtet, dass Bischof Emmeram, als er um 680/690 aus dem Frankenreich nach Bayern kam, sich dort umsah und erkannte: "Es war sehr gut, lieblich anzusehen, reich an Hainen, wohlversehen mit Wein. Es besaß Eisen in Hülle und Fülle und Gold, Silber und Purpur im Überfluss."

Schon im ersten Satz dieses in Bayern gerne zitierten, überschwänglichen Lobliedes lässt Arbeo Emmeram den Weinbau als selbstverständlichen und scheinbar sehr wichtigen Teil des Landes erkennen. Die Nennung des Weines vor Gold und Silber, vor fruchtbarer Erde, Honig, Fisch und Salz zeigt uns den hohen Stellenwert, den Bischof Arbeo diesem Getränk und seiner Kultivierung gab.

Der Weinbau des Benediktinerklosters Prüfening

Bemerkenswert ist Prüfening in erster Linie, weil an der Grundherrschaftsentwicklung dieses Klosters gezeigt werden kann, dass es möglich war, in Altbayern eine intensive und wirtschaftlich lukrative Weinwirtschaft zu entwickeln, die auch über eine speziell dem Weinbau gewidmete schriftliche Rechenführung bereits im 15. Jahrhundert verfügte. Soweit ich sehe ist dies für den altbayerischen Weinbau einmalig.

Es sind dies die Prüfeninger Weinregister, die von 1447 an mit gewissen Lücken jährlich erhalten sind und bis ins 17. Jahrhundert reichen. Sie stellen eine der bedeutendsten Quellen zur Geschichte des Weinbaus an der Donau bei Regensburg dar, da sie serielle Ertragszahlen liefern, was selbst bei den bedeutenden klösterlichen Besitzungen in Südtirol und Österreich nur vereinzelt und in der Regel später überliefert ist.

Bis 1283 besaß Prüfening einen Lesehof in Krems und Weinberge zu Burgrecht in Krems, Persenbeug und Mautern. Im genannten Jahr verkauft Prüfening diesen Besitz, dessen Herkunft anhand der Prüfeninger Traditionen nicht geklärt werden kann, an das Stift Admont in Österreich. Auch Gründe für den Verkauf sind bisher nicht bekannt, man darf aber wirtschaftliche Schwierigkeiten des Klosters annehmen. Zur fraglichen Zeit hatte das Kloster bereits erheblichen Grundbesitz in den nahe gelegenen Dörfern Oberndorf und Matting, wo es bis 1285 die gesamte Grundherrschaft errungen hatte. In Matting ist bereits 901 in einer Schenkung König Ludwigs des Kindes der Weinbau belegt, in Oberndorf in einer auf 1130 bis 1139 datierten Traditionsnotiz. In diesen zwei Dörfern fördert das Kloster nun in den nächsten 100 Jahren kräftig den Ausbau der Weingärten und – besonders in Matting – den Ausbau der Dörfer. Dies ist sowohl urbariell, als auch archäologisch nachzuweisen. Ausgrabungen an der Stelle eines in ein Freilichtmuseum transferierten und dendrochronologisch auf ca. 1310 datierten spätmittelalterlichen Steinhauses brachten 1993 die Reste eines auf die Zeit um 1290 datierbaren Holzpfostenbaus zutage. In der urbariellen Überlieferung können wir 1285 noch 6 Huben, 1347 bereits 27 Anwesen, 30 Anwesen im Jahr 1380 und Ende des 15. Jahrhunderts 50 Anwesen feststellen, deren Inhaber fast alle Weinberge am Mattinger oder am Oberndorfer Weinberg bewirtschafteten.

Matting war so zum Winzerdorf geworden, das in seinen wirtschaftlichen Strukturen vom Weinbau dominiert war. Für das Kloster war Matting gemeinsam mit dem noch größeren Oberndorf eindeutig der wirtschaftliche Schwerpunkt in der klösterlichen Grundherrschaft. Im 16. Jahrhundert deckte der Verkauf von Wein aus diesen Dörfern ca. 60% der gesamten Einnahmen der Grundherrschaft ab, obwohl sie nur einen minimalen Flächenanteil an der mehrere Hofmarken, Land- und Stadtbesitz umfassenden Grundherrschaft hatten. Möglich war dies durch die Einführung von für die Grunduntertanen günstigen Leiherechten: In der Regel herrschte hier die Vergabe gegen Erbrecht vor. Von den Weinbergen mussten die Winzer nur die Hälfte des Ertrages statt der in Südtirol und in Österreich weit verbreiteten Halbpacht abgeben. Bei vor 1380 neu angelegten Weinbergen waren es sogar nur 0,25 bis 0,5 des Ertrages. Dies kann aber zum Teil auch eine Folge des Personalmangels infolge der Pest von 1347/48 sein.

Die Prüfeninger Weinregister erlauben genauen Einblick in die wichtige Frage nach dem Absatz des hier erzeugten Weines oder besser gesagt: des Mostes, denn dieser wurde direkt nach der Kelterung abtransportiert. Im vergleichsweise ertragsarmen Jahr 1454 gingen von dem - dem Kloster zustehenden - Teil der Ernte aus Oberndorf 102 Hektoliter in den Klosterkeller, 80,3 Hektoliter in den Keller des Klosteramtshofes in Oberndorf, 34,4 Hektoliter in die Taferne des Klosters in Oberndorf und 160 Hektoliter direkt an Großkunden. Zu diesen zählten in erster Linie Klöster in Südbayern, die zum Teil über Weinberge im ausländischen Fernbesitz verfügten: So erhielt das in Bozen begüterte Scheyern 1454 40,7 Hektoliter Traubenmost. Andere Kunden Prüfenings waren im 15. Jahrhundert das Kloster Ebersberg und das heute für sein Bier so bekannte, damals gerade gegründete Kloster Andechs.